Komm, tanz mit mir (Part III)


...üblicherweise werden in Auditions für zeitgenössischen Tanz der Reihe nach Unterrichtssequenzen in klassischem Tanz, sprich, Ballett, zeitgenössischem oder modernem Tanz und meistens Improvisation abgehalten.
Jeder Bewerber erhält ein Set mit zwei Stoffstücken, die mit einer Nummer bedruckt sind, welche man sich auf den Rücken und den Bauch pinnt. So können die Dozenten während der Audition die Teilnehmer auseinander halten. In diesem Vortanzen hatte zum Schluss jeder noch die Gelegenheit, ein eigenes, kurzes Tanzstück vorzustellen mit selbst mitgebrachter Musik. Natürlich hat man schon in den Unterrichtssequenzen davor die Möglichkeit, seine Stärken zu zeigen, seien diese nun Technik, Musikalität oder auch Beweglichkeit. Was in diesem Vortanzen jedoch von meinem Gefühl her ganz wichtig war, war es, die eigene Persönlichkeit zu zeigen und sich, vor allem, abzuheben von der Masse. Wie schon beschrieben ist das nicht so einfach, wenn neben einem so viele außergewöhnliche Typen vertreten sind. In dem Moment hätte man dann vielleicht auch gerne so eine wilde Lockenmähne wie die Brasilianerin neben dir an der Stange, so ein unverwechselbares, ungewöhnliches Gesicht wie die Chinesin in deiner Reihe oder so eine überragende Technik wie die russische, klassisch ausgebildete Tänzerin, die sich gerade mit 180 Grad ausgedrehten Beinen vor dir warm macht. Schlecht wäre auch gar nicht, sich zumindest ein kleines bisschen mit dem "gefragten" Tanzstil an der Uni auszukennen, aber wie schon erwähnt war ich komplett unerfahren und muss zu meiner Schande eingestehen, dass ich Pina Bausch quasi nur vom Namen her kannte. 

Schon in der Runde mit zeitgenössischem Tanz wurden bestimmte Qualitäten und Bewegungen abgefragt, da hätte es wirklich nicht geschadet, "Le Sacre du Printemps" schon einmal gesehen zu haben. Auch im letzten Teil der Audition, als jeder Bewerber sein Solo vortanzte, dachte ich mir noch, dass sich hier gewisse Bewegungen und Motive wiederholten, aber die Erleuchtung kam mir erst viel später, in meinem eigenen Studium, dass hier einfach einige Leute schon sehr genau wussten, was gesucht wurde und sich entsprechend vorbereitet hatten.


Lange Rede, kurzer Sinn, als es dann zur Auswahl kam, waren meine Freundin und ich natürlich nicht unter den Glücklichen, die direkt in der Woche darauf zum Studium antreten durften. So richtig überrascht waren wir nicht, Enttäuschung ist aber immer dabei. Wie ich später noch lernen sollte, ist es einfach eine sehr delikate Angelegenheit, etwas aus seinem Innersten nach außen zu holen, es in eine Form zu packen und dies einem Haufen Leuten zu präsentieren, die das Resultat dann vergleichen, kategorisieren und bewerten. Wenn man dann so gnadenlos durchfällt, oder in diesem Fall eher völlig unentdeckt bleibt, ist das ein seltsames Gefühl.


Ein Jahr später sollte ich erneut die Chance haben, mich bei Vortanzen zu beweisen und glücklicherweise gelang es mir dann auch an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, die Dozenten zu überzeugen.

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